Der Christopher Street Day ist die Kernbotschaft von homosexuellen Menschen: Wir lassen uns von staatlicher Willkür und religiös gelenktem Konservativismus nicht unsere Sexualität diktieren.

Der Anspruch homosexueller Paare in den Vereinigten Staaten der 1970er Jahre war niederschwellig: Nicht verfolgt zu werden, nur weil man homosexuell ist.

In den 1960er und 1970er Jahren gingen staatliche Ordnungskräfte brachial gegen Homosexuelle vor. Razzien in sogenannten Schwulenbars, bei denen es auch immer wieder zu schweren Körperverletzungen durch die Polizei kam, fanden mit einem Aufstand in der Christopher Street in New York einen wichtigen Anfang, sich den Maßnahmen des intoleranten Bürgertums nicht weiter unterwerfen zu wollen.

Kaum jemand heute, kann sich das Ausmaß der Polizeigewalt vorstellen, die Homosexuellen widerfahren ist. Daher ist es wichtig, diesen Gedenktag als einen Tag der Befreiung für Schwule, Lesben und Transsexuelle jedes Jahr zu begehen.

Was auch in Deutschland bis zum Beginn der 2000er Jahre noch ein bunter und fröhlicher Protestumzug war, wurde nach und nach weiter politisiert und Parteien haben damit begonnen, den CSD für politische Ziele und Bekenntnisse zu kapern.

Längst ist der CSD keine Erinnerungskultur mehr, sondern ist zum Spielball politischer Parteien geworden, in denen der CSD zur politischen Unveranstaltung verkommen ist. Wer sich mit politischen Parteien verbündet, muss damit rechnen, mit diesen Parteien auch für deren Arbeit kritisiert zu werden, auch wenn man originär gar nichts mit den sonstigen Inhalten der Parteien zu tun hat.

Der CSD sollte in seinem Andenken ein politisches Statement für die Schwulen, Lesben und Transsexuelle politisch neutral sein, um eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung zu erlangen.

Tatsächlich aber vereinnahmen besonders die Grünen, die auf den meisten CSDs mit eigenem Wagen und Parteiflaggen mitfahren die Veranstaltung und polarisieren dadurch unbewusst und schaffen Gegenbewegungen, auch jenseits der extremen Rechten. Die Grünen werden Teil des CSDs und der CSD ein Teil der Grünen. Dadurch schafft der CSD sich Oppositionen, ohne inhaltlich etwas dazu beigetragen zu haben.

In Zukunft würden wir gerne einen CSD mit klarer gesellschaftlicher Aussage sehen, ohne sich politisch instrumentalisieren zu lassen.

Foto: Brett Sayles